Tag 12 - Ausflug nach Barkerville

Heute ist wieder um 6:40 Tagwache, da wir einen weiten (für Kanadier kurzen) Weg vor uns haben (ca 230 km hin und die gleiche Strecke am Abend wieder zurück). Wir wecken die Kinder auf, ziehen uns an, frühstücken im Haus noch gemeinsam und dann packen wir schon die Sachen für Barkerville ein, eine alte Goldgräberstadt im Süden von Prince George. Davor überprüfen wir noch unseren Reifendruck mit einem eigenen Druckmessgerät von Steve, das wie ein Fieberthermometer aussieht. Wir sollten den Reifendruck eigentlich bei jedem Tankstopp überprüfen ("do is sicha eh no gnua drin"), haben es aber jedesmal vergessen/aufgeschoben. An Tankstellen kann man zwar den Reifen mit einem Schlauch aufpumpen, daran befindet sich allerdings kein Manometer zur Druckkontrolle. Diesen muss man mit eben diesem Messgerät machen, das man sich extra besorgen muss. Steve wundert sich noch, als ich ihm von unserem Reifendruckgerät an den Tankstellen mit eigenem Manometer erzähle, er findet das unglaublich. Wir müssen leider festellen, dass wir zuwenig Druck in allen Reifen haben ("i hob da des eh gsogt, herst") und pumpen diese mit Steve´s Kompressor auf. Die Einheit des Drucks wird in Kanada (obwohl diese das metrische System haben) nicht bar oder in kP, wie bei uns angegeben, sondern in psi. Dies steht für "Pound per Sqare Inch". Ich überlasse es jedem selbst, das zu übersetzen. Um ca. 9:40 (eigentlich wollten wir um 9 Uhr abfahren) gehts los und wir fahren zügig über Quesnel (wird "Körnell" ausgesprochen!) nach Barkerville. Fast drei Stunden später kommen wir mit einer kurzen Pipi-Hamburger-Pause dort an und freuen uns über einen eigenen RV-Parkplatz, der sehr großzügig angelegt ist; warum gibts sowas nicht in Österreich? Der Eintritt beträgt 10$, das finden wir sehr günstig. Gleich nach dem Eingang sehen die Kinder Eichhörnchen und Erdhörnchen (Ziesel), die seitlich am Weg vorbeilaufen. Sie gehen näher und bemerken, dass diese ganz nahe kommen, wenn man sie füttert bzw. vorgiebt sie zu füttern. Manche lassen sich sogar streicheln, das ist was für die Kinder. Vorbei an alten Häusern aus den 1860ern bis 1890ern gehts durch eine Schule, eine Kirche, einigen Stores (woher sollten wir sonst Cola und Fudges herbekommen?) und chinesischen Läden, gehts zum Theater, in dem gleich ein "goldwasher-musical" beginnt. In dieser Show, die extra 4$ kostet, auch ganz ok, wie wir finden, wird in Form von Erzählungen sowie Liedern, die Geschichte der Stadt sowie die Schicksale der Leute und deren Lebenssituationen berichtet. 3 Frauen und 2 Männer spielen abwechselnd verschiedenste Musikinstrumente und singen und tanzen dazu in traditionellem 19. Jhdt.-Gewand. Die sind wirklich gut, die Leute singen und klatschen mit, es kommt richtig Stimmung auf. An Instrumenten gibt es: Klavier, Kontrabass, irish-flute, Banjo, Zieharmonika, eine alte Waschrumpel sowie eine Klarinette, echte Multitalente. Natürlich kommt die Verarschung von Deutschen auch nicht zu kurz, gut dass wir aus Österreich kommen. Nach der Show machen wir uns auf den ca. halbstündigen Marsch leicht bergauf zum court-house, wo die Geschichte vom gefürchteten "hanging judge" berichtet und vorgeführt wird. Der hat damals die Leute reihenweise wegen teilweise leichter Vergehen aufhängen lassen. Die Krönung war, als er mit einem Urteil der Geschworenen nicht einverstanden war, er den Verurteilen trotz gegenteiligem Urteil hängen ließ und die Geschworenen aufgrund seiner Meinung nach falschem Urteil gleich mit. Vier Jahre später wurde er dann von den Einwohnern umgebracht, was für ein Wunder! Überall liest man dort Schilder, wo vor Schwarzbären und Grizzlys gewarnt wird. Regeln: mindestens vier Personen gemeinsam, Laute Geräusche machen, Kleinkinder tragen und Kinder nicht alleine laufen lassen; na super, wir freuen uns. Zum Schluss schauen wir uns noch eine manuelle Schotterfördermaschine fürs Goldwaschen an (nur aus Holz und Stahl), die mithilfe einer kleinen Show demonstriert wird. Wir werden noch bestaunt, da wir gefragt werden, woher wir sind ("Wow, so far, never had Austrian people here"), wahrscheinlich erzählt er dies jedem Besucher! Um ca. 18 Uhr kommen wir zum Wohnmobil zurück (Steve und Anni sind mit uns mitgefahren) und fahren gemütlich nach Hause. Auf der Heimfahrt schlafen nicht nur die Kinder ein. Zuhause wird noch gekocht und Wäsche gewaschen (Frauen) sowie mit sich um das Wohnmobil gekümmert (Männer), wie sich halt die richtige Aufteilung in einem Haushalt gehört. Für alle, die sich jetzt ärgern: Wer hat denn den Luftdruck kontrolliert und nachgefüllt, wer das Abwasser entleert, wer das Frischwasser nachgefüllt? Ok, Spaß beiseite, der Tag klingt schön aus und wir essen um ca. 21:30 faschierte Laibchen mit Kartoffeln, Reis und Gemüse. Wir denken schon an morgen, wo es zum Mt. Robson gehen wird (den höchsten Berg in den kanadischen Rocky Mountains, etwa so groß wie der Ortler) und wir die erste richtige Wanderung anreißen werden...
Die Ziesel lassen sich streicheln
Die Kinder in der Schule
Im Theater
Im Theater
Theaterbesetzung
Im "general store"
Beim Goldwaschen
Nicht nur die Kinder sind müde...