Jänner 2017

1. Jännerwoche

Der Jänner beginnt unspektakulär, wir gehen mit den Kindern und Freunden eislaufen, fahren noch einen Tag aufs Stuhleck schifahren (Kevin darf endlich snowboarden!) und chillen zuhause mit Keksen vorm Fernseher mit geheiztem Kamin. Mit Freunden sind wir einen Tag in Baden im Casino und davor im Zündwerk in Strasshof Steak essen. Und wie es Fortuna will, passiert das Unglaubliche: Wir gewinnen mal zur Abwechslung. Manu und ich haben beide einen 5-Euro-Jeton auf die Zahl 11 gesetzt (unsere Glückszahl, Hochzeitstag: 11. Mai) und es kommt wirklich 11! Das bedeutet für jeden 175 Euro Gewinn. Da der Jeton ja liegenbleibt und ich ihn auch liegenlasse (Manu nimmt ihren weg), gewinne ich gleich nochmal, denn die Zahl 11 ist wieder gekommen! Es ist wirklich nicht zu packen! Wir spielen noch einige Zeit weiter, danach auch BlackJack und gehen insgesamt mit ca. 500€ Gewinn nach Hause. Also die Kosten für Kevins neuen Schilhelm und für Kitzbühel (wo wir zum Rennen fahren werden) sind schon herinnen.

Ich bin auch noch mehrmals beim Edi auf der Baustelle und helfe ihm mit Schaufel, Krampen und BobCat, Rüttler und Stampfer beim Zuschütten der Grube ums Haus. Am 6.1. feiern wir den 70er meines Vaters im "Chadim" in Favoriten. Einen Tag danach haben wir ein Treffen mit alten Freundinnen am Programm, quasi alte Geschichten aufwärmen und über unsere jugendlichen Blödheiten lachen. Wir rechnen nach und kommen drauf, dass wir Sabine seit 21 Jahren nicht mehr gesehen haben. Fast genauso alt ist auch schon ihre ältere Tochter, unglaublich wie die Zeit vergeht. So alt waren wir damals - es ist ein Wahnsinn! Noch in den Ferien haben wir an einer Führung in der UNO-City teilgenommen, diese wahr extrem interessant. Über Daten zu den Mitgliedsstaaten und dem Sinn und Zweck der einzelnen Teilorganisationen, bestaunen wir die Kunst, die dort überall an den Wänden hängt bzw. auf den Gängen steht. Den coolen Abschluss macht dann noch die Info über die Mondlandungen und dem echten Mondgestein. Auch gehen wir einmal eislaufen an die Alte Donau, die bei diesen Temperaturen großteils zugefroren ist. Am Kaiserwasser können wir fast bis zur UNO-City fahren, ein schöner Anblick vom Eis aus!

Mit Georg und Steffi im Zündwerk Steak essen...und danach bei Cocktails im Casino Baden!
Der 70er vom PapaAuf alte Freunde...Manu-Georg-Martina-Sabine-Andi
Auf Edis Baustelle IAuf Edis Baustelle II
Auf Edis Baustelle IIIAuf Edis Baustelle IV
Am Kaiserwasser auf dünnem EisIm Gänsehäufel nicht viel los jetzt

2. Jännerwoche

Am Montag, den 9.1. bin ich noch kurz als Zeuge vor Gericht (mehr Informationen darüber erhaltet ihr persönlich vom Lino), bevor ich ab Dienstag dann vier Tage im Kloster Stift Göttweig verbringe. Das schlimme ist ja: Ich habe überhaupt keine Vorstellung darüber, was mich dort erwartet. Geplant ist der Aufenthalt in einem Zimmer mit Vollpension (dh. ich bekomme alles, was die Mönche dort auch essen) und der Möglichkeit, bei den Gebeten und den Messen teilzunehmen, sowie täglich mit einem Gastpater zu sprechen. Dies nennt sich "Stille Tage" und bietet die Möglichkeit, sich einige Zeit von der (stressigen) Außenwelt zu verabschieden. Normalerweise wollen die Leute dort ihren Glauben wieder finden oder durch ihren Glauben Gott näher kommen, oder mit einem Mönch über persönliche Probleme sprechen. Wer mich kennt, weiß aber, dass dies nicht meine Beweggründe sind. Wie auch alle anderen Dinge in diesem Jahr, möchte ich einfach Sachen erleben, die ich entweder noch nicht kenne oder sonst keine Möglichkeit dazu habe, sie zu erleben. Und das Klosterleben ist mir wirklich völlig unbekannt.
Der Tagesablauf im Kloster:
6:00 Uhr: Morgengebet: ca. 30 Minuten
6:45 Uhr: Morgenmesse: ca. 30 Minuten, danach Frühstück
12:00 Uhr: Mittagsgebet: ca. 20 Minuten, danach Mittagessen
18:00 Uhr: Abendgebet: ca. 30 Minuten, danach Abendessen
19:10 Uhr: Complet: ca. 20 Minuten, danach kurzes Gebet in der Krypta
Dazwischen freie Zeit, die ich mir mit Spaziergängen durch die schöne Winterlandschaft am Hügel des Stiftes, mit Lesen, mit Rundgängen im Kloster/Klostergelände und mit Schlafen vertreibe. Vor allem die Ruhe ist hier unglaublich laut! Außer wenigen Vögel und ein bisschen Verkehrslärm der nahen Autobahn ist hier absolut nichts zu hören. Bei den Spaziergängen bin ich vollkommen alleine, ich treffe hier niemanden. Im Kloster ist es noch ruhiger, in dem Trakt in dem ich untergebracht bin, ist absolut keine Menschenseele, ich habe quasi die langen Gänge für mich alleine. Selbst im Aufenthaltsraum treffe ich nur eine Mitbewohnerin, die hier auch ruhige Tage sucht und mit mir gemeinsam isst. Da sie in einem anderen Trakt untergebracht ist, sehen wir uns nur zu den Gebeten und beim Essen. Einmal am Tag hat man die Möglichkeit, mit einem Pater zu sprechen, mir ist Pater Benjamin zugewiesen worden. Schon bei der Ankunft begrüßt er mich freundlich, zeigt mir den Parkplatz und mein Zimmer und sagt mir alles, was in den vier Tagen wichtig für mich ist (Gebetszeiten, Essensausgabe, Möglichkeiten des Zeitvertreibs) und führt mich kurz durch die Gänge, damit ich mich anfangs zurecht finde. Ich habe über zwei Gänge einen Direktzugang in die Kirche, kann mit meinem Schlüssel also jederzeit die Kirche aufsuchen. Man fühlt sich bei ihm nach wenigen Minuten gut aufgehoben, er ist extrem höflich und gastfreundlich. Da ich um ca. 11:30 Uhr angekommen bin, wartet er kurz, bis ich umgezogen bin und mein Zimmer bezogen habe, um mich zur Chorkapelle hinter dem Altar zum Mittagsgebet um 12 Uhr zu begleiten. Momentan bin ich mir unsicher, was er mit "hinter dem Altar" meint, denn seit wann kann man da durchgehen? Aber wirklich, dort sind jeweils links und rechts zwei Türen eingearbeitet, durch die man in den Gebetsraum der Mönche kommt (Chorkapelle). Diese sitzen bereits links und rechts an der Wand in einer bestimmten Reihenfolge (je nach Eintrittsdatum) und Pater Benjamin weist mir einen Platz direkt vor den Mönchen zu. Er drückt mir noch ein Buch mit der Aufschrift "Mittagsgebet" in die Hand und meint, ich soll mir das Ganze einfach mal anhören, ich muss bei nichts mitmachen, nur einmal erleben. Es ist ganz still in der Kapelle, obwohl zwei andere Gäste sowie ca. 15 Mönche anwesend sind. Für mich ist das eine ganz komische Situation, ich habe keine Ahnung was passiert und warum die da alle so still sitzen. Jeder ist in Gedanken und mit sich selbst beschäftigt, die meisten haben auch die Augen geschlossen. Während ich mich noch neugierig (und unauffällig) umschaue, beginnen plötzlich die Kirchenglocken zu läuten. Jetzt kommt Bewegung in die Kapelle, die Mönche stehen alle auf und schließen die Augen und es wirkt so, als ob sie sich ganz stark auf die Glocken konzentrieren. Auch ich versuche, das Geläute zu genießen, es ist außer den Glocken wirklich nichts zu hören - sehr angenehm. Nach ca. 1 Minuten verstummen die Glocken und die Mönche drehen sich in Richtung Altar, dort sprechen sie irgendeine Gelöbnisformel, es ist etwas Unverständliches. Dann geht es auch schon los mit den Gebeten. Es werden Verse aus den Psalmen rezitiert. Da gibt es zwei verschiedene Arten. Zuerst wird der Text einige Minuten gesungen (also eine Art Sprechgesang), danach werden die Verse gesprochen. Bei beiden Varianten ist es so, dass jeweils einer der Mönche (dies wechselt im Wochentakt) den Beginn des Verses vorsagt und die anderen vervollständigen ihn dann gemeinsam. Dazwischen ist eine kurze Pause (ca. 3 Sekunden), dann kommt der zweite Teil des Verses. Danach schließt der nächste Vers der anderen Seite der Mönche direkt daran an. Also quasi abwechselnd die linke und rechte Seite der Kapelle. Dies klingt nach einiger Zeit wie eine Glocke, die hin und her schwingt. Man kommt dabei wirklich in eine Art Meditationshaltung (Hörprobe weiter unten!). Das ganze dauert zu Mittag ca. 20 Minuten, dazwischen gibts eine kurze Lesung aus dem neuen Testament, danach eine Schweigeminute.

Am Schluss drehen sich die Mönche wieder in Richtung Altar, sagen ein paar Abschlussworte und verlassen gleich danach wortlos den Raum. Ich lege das Gebetsbuch wieder zurück und wandere in den Aufenthaltsraum, wo ich mit Tamara (die zweite fremde Bewohnerin des Klosters) zu Mittag esse. Das Essen ist wirklich extrem gut, es gibt täglich eine Suppe und eine Hauptspeise, als Nachspeise meistens Obst (einmal gabs Marmeladepalatschinken). Am Abend (18 Uhr) das gleiche Spiel, das Gebet dauert dann aber ein bisschen länger. Danach gibts Abendessen, das aus einer kalten Platte mit Gebäck und Gemüse besteht, alles frisch und lecker. Um 19:10 Uhr dann das "Complet", quasi das letzte Gebet des Tages. Dies findet allerdings nicht in der Chorkapelle statt, sondern in einem kleinen Nebenraum der Krypta, der sich unterhalb des Presbyteriums (Altarraum) befindet. Im selben Raum befinden sich auch die Reliquien des H. Altmanns, der das Kloster vor über 900 Jahren gegründet hat. Mit Reliquien meine ich natürlich das Skelett, das in einer Art durchsichtigem "Schrein" untergebracht ist. In einer Kiste befinden sich die meisten Knochen, der Schädel steht mit einer Krone genau darüber - schaut eher aus wie in den Katakomben. Der Raum ist insgesamt sehr klein, so sitze ich ganz knapp bei den Mönchen und erlebe auch dieses Gebet hautnah mit. Ich werde dort völlig ignoriert, die Mönche sind gewohnt, dass manchmal eben Gäste mitbeten. Irgendwie kommen ich mir wie ein unsichtbarer Zuschauer vor, da ich überhaupt nicht beachtet werde, aber das stört mich nicht. Ich lese danach noch ein bisschen und gehe am ersten Tag bereits um ca. 22 Uhr schlafen, Fernseher gibts ja keinen und das Handy will ich nur in Ausnahmesituationen benutzen. Die mobilen Daten habe ich abgeschaltet und nehme es wirklich nur als Wecker in der früh sowie für Fotos, von denen ich reichlich mache.

Am nächsten Tag läutet der Wecker bereits um 5:40 Uhr, da ich ja um 6 Uhr das Frühgebet nicht versäumen will. Ich putze mir die Zähne, ziehe mich rasch an und gehe dann über die beiden Verbindungsgänge zur Kirche. Da es um diese Zeit noch dunkel ist und natürlich sowieso mucksmäuschenstill, bemerke ich erst, wie gruselig das Kloster eigentlich ist. Man geht in fast völliger Dunkelheit (das Licht ist eher schummrig) durch die Gänge, es hallt jeder Schritt, sonst kein Geräusch weit und breit zu hören (die Mönche gehen ja von der anderen Seite in die Kapelle) und überalle alte Bilder, hohe Räume, Heiligenfiguren in Lebensgröße sowie Kreuze mit und ohne Jesus. Ich bin eher kein ängstlicher Typ aber irgendwie erinnert das an einige Horrorfilme, die ich ja früher tausendfach konsumiert habe. Auch in der Kirche ist alles leise, es dürfen ja noch keine Leute von außerhalb hinein. In der Chorkapelle sind bereits fast alle Mönche anwesend und warten wieder schweigend auf die Kirchenglocken, die den Beginn des Gebets einläuten. Ich werde wieder komplett ignoriert, obwohl ich "guten Morgen" sage, nicken mir die Mönche nicht mal richtig zu. Erst im Gespräch etwas später am Vormittag mit Pater Benjamin erfahre ich, dass die Mönche in der Früh nicht sprechen dürfen. Erst ab dem ersten Satz beim Morgengebet: "Herr, öffne meine Lippen", dürfen sie sprechen. Deshalb keine Rückmeldung beim Grüßen, auch gegenseitig dürfen sie nichts zueinander sagen. Benjamin erzählt mir, dass sie sich in der Früh auch nur zunicken, da spricht keiner der Mönche. Beim Essen wird auch nicht gesprochen, erst nach der Suppe kommt ein kleines Zwischengebet (vor dem Essen auch schon eines), wo danach eine Glocke ertönt, die anzeigt, dass man jetzt sprechen darf. Nach einigen Minuten klingelts wieder und dann ist wieder Sprechpause. Das Gespräch mit Pater Benjamin ist anfangs ziemlich komisch, er zeigt mir ein dünnes Buch "die Regeln des Hl. Benedikts", wo eben jener vor über 1.400 Jahren die Ordensregeln aufgestellt hat. Er schlägt die erste Seite auf, zeigt mit dem Finger auf die erste Regel und bittet mich, dort vorzulesen. Ich sehe nur ein Wort, nämlich "Höre!". Und dann fragt er mich, was ich mir darunter vorstelle usw. Ziemlich schräg das Ganze. Danach plaudern wir noch über meine Beweggründe, hier ins Kloster zu kommen, dann machen wir uns für morgen den nächsten Gesprächstermin aus. Wie gesagt ich lese viel, döse dazwischen ein bisschen ein, spaziere durch den Wald und ums Kloster und genieße die herrliche Ruhe. Vor allem das Kloster ist extrem schön, das alte, aber schöne Gebäude, die schöne Kirche und die herrliche Stille überall. Übrigens: es ist im Koster und in der Kirche wirklich kalt. Geheizt ist nur das Zimmer (aufgrund der Höhe des Raums ca. 18°C), der Aufenthaltsraum und die Chorkapelle, der Rest ist eiskalt. Das fördert vor allem in der Dunkelheit den gruseligen Charakter des Klosters. Am zweiten Tag macht P. Benjamin mit mir und Tamara einen Rundgang durch Kloster und erzählt uns einige geschichtliche Fakten über den Benediktinerorden, das Stift und seine Gründung sowie seine bewegte Geschichte. Außerdem macht er uns in der Kirche auf einige Besonderheiten am Altar und an den Verziehrungen aufmerksam. Als krönenden Abschluss dürfen wir noch mit ihm in den Glockenturm der Kirche, wo eine ganz neue Glocke montiert wurde. Er erzählt auch darüber einiges und zeigt uns dann, wie sich die Glocke anhört. Mit seinen Händen bewegt und schwingt er den Klöppel, der mehrere hundert Kilo schwer ist (die Glocke hat ca. 5,5 Tonnen) und beim Auftreffen des Klöppels zucken wir alle zusammen. Das ist ein massiver Klang, unglaublich. Nicht nur laut, sondern echt durchdringend und schwer. Die Glocke klingt sehr lange nach und er bittet uns, so lange zuzuhören, bis sie verklungen ist. Dies dauert einige Minuten und ich bin wieder von der herrlichen Geräuschkulisse (vor allem Stille) begeistert.

Bevor er uns wieder verlässt, bitte ich ihn noch um einen großen Gefallen. Seit gestern ist mir nämlich ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf gegangen: Ich wollte schon immer einmal in der Nacht alleine in einer Kirche sein. Einfach nur, um das Gefühl dort bei Dunkelheit und Stille zu erleben. Ich frage P. Benjamin daher, ob ich in der Nacht in die Kirche darf, denn mit meinem Schlüssel komme ich eh alleine hinein. Er ist über die Frage sehr amüsiert und meint, dass ihn dies noch niemand gefragt hätte. Aber es ist für ihn kein Problem und er wünscht mir noch viel Spaß! Also nach dem Zähneputzen am Abend - es ist ca. 23:30 Uhr nehme ich mir vor, in die Kirche zu gehen. Ich ziehe mich an (vor allem die Jacke, denn es ist kalt), sperre die Türe auf, trete auf den Gang, schalte das spärliche Licht ein und will schon in Richtung Kirche gehen, als ich echt Angst bekomme. Der Gang ist dunkel und kalt, kein Geräusch, mitten in der Nacht und man hört jede kleine Bewegung, denn es hallt ja im Gang. Nach ein paar Schritten überlege ich es mir anders und drehe schnell wieder um und sperre mich im Zimmer ein. Es ist unglaublich, aber mir ist echt nicht für Kirche zumute. Na gut, dann halt in der nächsten Nacht. Am nächsten Tag, gleich nach dem Complet am Abend um kurz vor 8, warte ich noch, bis alle Mönche die Kirche verlassen haben, nehme all meinen Mut zusammen und mache mich auf den Weg zur dunklen Kirche. Es gibt am Eingang einen Zeitschalter, der beim Drücken ein kleines Licht in der Kirche angehen lässt, sodass man zumindes sieht, wo man hintritt. Ich trete also in die Kirche, setze mich in der zweiten Reihe in die Bank und warte. Nach ein paar Minuten geht das Licht dann aus aus ich sitze in fast vollständiger Dunkelheit (das Mondlicht scheint etwas durch die Fenster hinein) in der Kirche. So schlimm gruselig ist es jetzt nicht mehr, aber ein bisschen mulmig ist mir doch zumute. Ich schließe die Augen und versuche mich nur auf mein Gehör zu konzentrieren. Nach einigen Sekunden völliger Stille knackst es plötzlich bei den Holzbänken links hinter mir. Der Puls ist auf 5000 und ich zucke zusammen. Natürlich ist da niemand, es ist einfach das alte Holz, das in der kalten Kirche knackst, das ist alles. Aber erzähl das mal jemandem, der alleine in der Dunkelheit in der Kirche in der Nacht sitzt und eh schon hypersensibel ist! Also schalte ich die Handy-Taschenlampe ein und verlasse schnell die Kirche. Im Zimmer lese ich noch kurz und schlafe dann bald ein. Na DAS war ein Erlebnis! Nach dem Mittagessen am Abreisetag treffe ich noch kurz P. Benjamin und wir führen quasi ein Abschlussgespräch, wo er mich fragt, wie es mir gefallen hat, ob sich meine Erwartungen an den Klosteraufenthalt erfüllt haben und was ich sonst noch so denke. Wir plaudern noch ein bisschen und dann verabschiede ich mich von ihm und bedanke mich herzlich für die große Gastfreundschaft usw. Wehmütig reise ich am frühen Nachmittag von Göttweig ab und fahre wieder nach Hause, wo mich meine Familie bereits neugierig erwartet. Die wollen natürlich auch wissen, was so alles im Kloster los war...

Am Wochenende der zweiten Jännerwoche feiern wir noch den Geburtstag meines Bruder und dann muss ich mich schon geistig wieder auf die nächste Arbeit einstellen, denn am Montag, den 16.1. gehts bei der Fa. Bäcker & Partner los. Meiner erste Aufgabe wird die Bewachung einer Baustelle in der Nacht sein, dh. ich habe Dienst von 18:30 bis 6:30 und darf bei klirrender Kälte dort herumstehen und schauen, dass nichts gestohlen wird. Na ich bin gespannt, nächste Woche folgen die Infos und Fotos dazu...

Stift Göttweig bei der Anfahrtund vom anderen Hügel aus
kurz vorm Eintritt ins Klostermein Zimmer
Die Kirche bei klirrender Kälteim Hellen gar nicht so gruselig der Gang
PresbyteriumBesucherbereich
ChorkapelleAusblick vom Glockenturm
KaisertraktKrypta
Hörprobe Mittagsgebet

3. Jännerwoche

Es ist Montag, 16.1.2017 und der erste Arbeitstag meines neuen Jobs. Treffpunkt ist um 18 Uhr direkt in der Zentrale der Firma; alles was ich weiß ist, dass ich für die ersten zwei Wochen auf einer Baustelle eingesetzt werde und die ersten drei Tage darf ich gleich Nachtdienst machen dh. Dienst von 18:30-6:30, na geil! Das "Einsatzgewand" habe ich schon bei der Gewandprobe vor ca. 2 Wochen erhalten und daher erscheine ich gleich in der 1er-Panier. Ich werde vom Dienstführer (Georg) kurz theoretisch eingewiesen und dann fahren wir auch schon zur Baustelle. Diese befindet sich gleich neben der Trabrennbahn Kriau, gegenüber der neuen WU. Unsere Firma hat dort einen eigenen Baucontainer mit Tisch und Sessel, Eiskasten und zum Glück Heizung. Ich bekomme einen Helm sowie ein spezielles Handy zugewiesen, mit dem ich die Kontrollpunkte "piepsen" muss, während meiner Baustellenkontrollrunde. Man erklärt mir kurz die Handhabung des Gerätes, zeigt mir die einzelnen Kontrollpunkte auf der Baustelle (9 Stück quer verteilt) und macht mich auf das Protokoll aufmerksam, wo ich die wichtigsten Dinge eintragen muss. Der Typ vom Journaldienst ist auch dabei und er macht mich auf die Gerätekontrolle im Keller eines der Häuser aufmerksam, die ich viermal in der Nacht machen muss. Dabei ein Labyrinth von Kellergängen hinab, alles mit Taschenlampe, dort ist nichts beleuchtet. Dann muss ich auf die Funktionalität der Heizgeräte für dieses Gebäude achten. Grünes Licht = ok, rotes Licht = Baustellenverantwortlichen anrufen! Georg bleibt noch ca. 1 Stunde mit mir auf der Baustelle und wir machen noch die zweite Runde gemeinsam. Schon da habe ich bereits den Ort von zwei Kontrollpunkten vergessen. Er weiß es auch nicht mehr, so suchen wir einige Minuten, bis wir diese dann doch finden. Ich hoffe, ich merke mir das bis zur nächsten Runde, da bin ich dann alleine. Kurz danach verabschiedet er sich von mir und wünscht mir noch eine gute Nacht! Hahahaha, er schläft, ich mache die Runden. Zum Glück kann ich zwischen den Runden im warmen Container sitzen, dabei lesen oder mich mit dem Handy beschäftigen - da hat sich der netflix-account doch ausgezahlt (danke Flo!). Jede Stunde, jeweils um halb mache ich meine Runde und zum Glück habe ich mir die Punkt wirklich gemerkt. Ich versuche bei jeder der Runden eine noch effizientere Reihenfolge zu finden, um die Runden möglichst kurz zu halten (bei ca. -7°C!). Ich komme von anfänglich 12 Minuten auf 8 Minuten und freue mich, dass ich länger im Warmen sitzen kann. Die Müdigkeit hält sich in Grenzen, zum Glück habe ich Energy-Drinks mit und auch genug zu essen, damit bin ich schon glücklich. Irgendwie ist es dann mitten in der Nacht auch ein bisschen gruselig, so alleine auf der Baustelle, obwohl außen ist es kein Problem, nur im Keller merkt man es schon. Aber alles nix gegenüber der Kirchenerfahrung von letzter Woche :-)

Da aufgrund der Kälte der Tagdienst ausfällt (dieser ist für den Aufzug zuständig), behalte ich gleich den Schlüssel für den Container und fahre nach dem Dienst direkt nach Hause. Ich schlafe bis Mittag, dann koche ich Essen für die Kinder nach der Schule. Auch die nächsten beiden Dienste verlaufen so, zum Glück ist wirklich nix los auf der Baustelle, keine Einbrecher, keine neugierigen Jugendlichen, nur der Wind, die Kälte und ich. Weil ich neugierig bin, gehe ich in dem einen Gebäude in den 10. Stock und mache Fotos von der Baustelle und von der herrlichen Aussicht in alle Richtungen. Aufgrund der Dunkelheit und der super Qualität meiner Handykamera werden die Fotos natürlich nix, man erkennt kaum was. Begeistert bin ich nur davon, dass beim netflix-Schauen die Zeit super schnell vergeht und auch die Serien ziehen wie Autos an meinem Auge vorbei. Also "Better call Saul" und "Black Mirror" habe ich in meinen Diensten fertiggeschaut, so spare ich mir zuhause die Fernsehzeit und habe mehr Zeit für die family. Das war im Dezember schon ein bisschen grenzwertig, weil ich soviel Zeit mit den Scheiß-Serien verbracht habe, die machen echt süchtig.

Der Vorteil an 12-Stunden-Diensten ist ja, dass man nach drei Diensten in der Woche schon 36 Stunden Arbeitszeit hinter sich hat. Das heißt mein nächster Dienst ist erst nächsten Montag und daher sind jetzt vier Tage frei. Ich hab ja der Manu zum Geburtstag im November einen Kitzbühel-Hahnenkammrennen- Aufenthalt geschenkt, dafür fahren wir bereits Freitag früh von zuhause weg. Wir haben wirklich ein tolles Wetter erwischt, das ganze Wochenende ist sonnig (aber kalt) angesagt, so beschließen wir, noch am Freitag zumindest einen halben Tag Schi zu fahren. Da die Piste fast direkt neben der Streif verläuft, besichtigen wir die Strecke, die man sonst nur im Fernsehen sieht. Es ist unglaublich, wie steil und hart die Piste ist, fast blankes Eis. Ein Stück des Super-G-Starts, der heute am Vormittag stattfand, ist schon freigegeben, sodass wir dort runterfahren äh -rutschen können. Wir nützen die Halbtageskarte voll aus und setzen uns kurz vor vier noch in eine Hütte an der letzten Abfahrt zum Parkplatz und essen dort bis zum Sonnenuntergang. Danach fahren wir mit dem Restlicht zum Auto hinunter, es war ein absolut geiler halber Schitag!

Auch der Samstag bei der Abfahrt und der Sonntag beim Slalom verlaufen super, viele Leute, Stimmung, geilstes Wetter (in der Früh zwar -13°C) und ein super Platzerl direkt am Hang unterhalb der Querfahrt der Hausbergkante und Zielsprung. Beim Slalom sind wir an einer Anhöhe etwas abseits der Piste und sitzen dort im selbstgebauten Sessel im Tiefschnee und genießen das Rennen. Durch die Sonne wird es auch schön warm und die Stimmung bei 50.000 Leuten ist unglaublich. Nach den Rennen ist natürlich Party in Kitzbühel angesagt, überall sind Hütten und Musik aufgebaut, die Leute sind teilweise verkleidet, eine Gruppe Schweizer sind mit Kuhglocken dabei usw. Ich habe noch nie in meinem Leben so viele komplett betrunkene Leute auf einen Haufen gesehen, und ich habe schon viel gesehen...

Mein Arbeitsplatz im warmen Containerfertigmachen für die Kälte
Bei der BaustellenrundeAussicht
...Wilder Kaiser
Zielbereich Streifvon Flugzeugen an den Himmel gezeichnet
unser Platzerlunser Platzerl
die kenn ich nicht...beim Slalom

4. Jännerwoche

Am Montag, 23.1.2017 geht meine zweite Arbeitswoche los. Um 12:30 soll ich einen Kollegen vom Aufzugsdienst ablösen, der die Frühschicht von 6:30 weg gemacht hat. Es ist an der gleichen Baustelle wie letzte Woche, nur dass man statt Rundgängen den Lastenaufzug für die Arbeiter bedient. Ich komme schon etwas früher, damit mich der Kollege noch einschulen kann und mir alles zeigt. Die Einschulung ist in ca. 2,3 Minuten erledigt und dann wünscht er mir noch einen ruhigen Dienst bis 18:30, wo mich dann der Nachtdienst ablöst. Also meine Aufgabe ist einfach erklärt. Ich stehe in der Kälte im offenen Aufzug, warte bis jemand einsteigt oder mich von oben ruft ("Hallo Aufzug kommst du?") und dann drücke ich auf einen Knopf, bis das gewünschte Stockwerk erreicht ist. Dann muss man noch eine Querstange (Sicherheitsbügel) öffnen und das Schiebetor des Stockwerkes auf die Seite schieben und die Leute können aussteigen. Klingt leicht, ist auch so. Es ist irrsinig fad, denn es kommen im Durchschnitt ca. 2 Leute pro Stunde, die wohin müssen. Ich stehe also die ganze Zeit herum, mir ist langweilig und schön langsam kriecht die Kälte (ca. -5°C) durch meinen Körper. Ich schaue regelmäßig auf die Uhr und die Zeit scheint nicht zu vergehen. Um 18:30 ist der Dienst zum Glück zu Ende und ich fahre durchgefroren nach Hause.

Am nächsten Tag habe ich den ganzen Tag Dienst (6:30-18:30), ich weiß nicht, wie ich das überleben soll. Am Abend rufe ich noch bei Georg an und sage ihm, dass das sicher nicht gesetzlich ist, 12 Stunden durchzuarbeiten und dabei nur in der Kälte zu stehen. Er schimpft mich gleich mal mit "Du Mumu, hältst du nix aus?" und erlaubt mir dann gnädigerweise, pro Stunde ca. 5 Minuten in den beheizten Container zu gehen. Dort darf ich dann auch Essen und aufs Klo gehen. Na super, das nennt sich glaub ich Sklavenarbeit! Ich vertreibe mir die Zeit, die wirklich kaum vergeht, wieder mit Serien-schauen und Musik hören, anders hält man das nicht aus. Zwischendurch mache ich einige Turnübungen, damit ich nicht am Aufzug festfriere. Das schaut für die Arbeiter, die mich sehen, sicher sehr lustig aus. Nach gefühlten 423 Stunden ist es endlich 18:30 Uhr und ich darf nach Hause fahren. Das war mit Abstand sicherlich der schlimmste Arbeitstag meines Lebens und ich habe schon genug orge Arbeite gemacht. Mein Dienstplan sieht vor, dass ich Montag und Dienstag Dienst habe und dann noch Samstag und Sonntag je zwei 12 Stunden-Dienste, allerdings Tagdienste mit Baustellenrunden. Aber am Abend ruft mich Georg noch an und sagt mir, dass ich morgen noch einen Halbtagesdienst habe, es ist ihm jemand ausgefallen. Und er braucht daher auch jemanden für Donnerstag, ob ich den nicht auch machen könnte. Wir verhandeln darüber und werden uns einig, dass ich Donnerstag 6 Stunden Dienst mache, dafür fällt der ganze Samstagsdienst weg. Na zum Glück habe ich nicht das ganze Wochenende Dienst, dh. der Sonntag ist mein letzer Dienst auf der Baustelle. Der Sonntagsdienst vergeht schnell, ein bisschen lesen, ein paar Serien schauen und - Überraschung -, Froschi kommt mich zu Mittag besuchen und bringt Essen vom McDonalds mit. Was für ein Glück, was für eine Abwechslung: endlich wieder mit einem Menschen reden. Wir machen eine Runde auf der Baustelle und ich zeige ihm noch die Aussicht vom Aufzug vom 10. Stock. Danke für den Besuch - war echt leiwand! Nach diesen zwei Wochen habe ich zwei Wochen frei (weil Semesterferien und Schifahren usw.) und danach wieder zwei Wochen in der Firma. Georg verspricht mir, dass ich dann andere Arbeiten bekommen und nicht wieder auf die Baustelle muss - na ich bin gespannt ob das hält...

Aufzugsdienstmein Arbeitsplatz
Besuch auf der BaustelleParty im Aufzug